aus: Heidrun Werner: Dorfgeschichte von Oberalben, 1987
Die Zahl der pfälzischen Auswanderungen war so gewaltig, daß man alle Bauern und Handwerker, die aus dem süddeutschen Sprachgebiet stammten und nach Amerika auswanderten, als "Palatines", als " Pfälzer schlechthin bezeichnete. Die Auswanderung begann bereits im 17. Jahrhundert, besonders setzten Auswanderungswellen im 18. und 19. Jahrhundert ein. Auch unser Jahrhundert weist in den ersten Jahrzehnten noch eine Reihe von Auswanderungswilligen vor. Fragt man nach den Gründen, weshalb Menschen ihre Heimat, ihre vertraute Umgebung, ihre Familien und Bekannten verlassen, um in eine sehr ungewisse Zukunft hineinzusteuern, so kann man folgende erkennen:
1) religiöse Gründe (die wegen ihres Glaubens Verfolgten)
2) politische Gründe (politisch Verfolgte)
3) wirtschaftlich-soziale Gründe (besondere Armut, Mißernten. Aussichtslosigkeit im Beruf. usw.)
Will man heute die Motive der Auswanderer feststellen, so erweist sich das als sehr schwierig. Die aus religiösen oder politischen Gründen Ausgewanderten, sind im Verhältnis zu der Gruppe, die aus wirtschaftlich-sozialen Motiven ausgewandert ist, recht gering. Die stärkste Gruppe waren die Auswanderer, die ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten beheben wollten, die sich Reichtum und Erfolg erhofften in der neuen Heimat.
Die Pfalz hatte im 19. Jahrhundert die meisten Armen, dazu die größte Auswanderungszahl.
Bei den Auswanderern muß man 2 Gruppen unterscheiden. Die einen wollten nach Übersee oder in andere ferne Länder. Die zweite Gruppe wollte nur in einen anderen Ort umziehen. Lag dieser Ort in einem anderen Territorium, also in einem anderen Herrschaftsgebiet, so galt der Wegzug als Auswanderung und die Betreffenden wurden als Auswanderer geführt. Sie mußten wie die "echten" Auswanderer Auswanderungsgesuche beantragen. Wenn ein Bewohner von Oberalben nach Thallichtenberg umziehen wollte, so "wanderte er aus, nach Preußen. In der nachfolgenden Auswandererliste finden wir eine solche Gruppe, die nach Birkenfeld, Ruschberg, Schmitthachenbach ins "Ausland auswandert". Das beliebteste Auswanderungsland war Nordamerika. Von den Auswanderern Oberalbens wandert nur eine Gruppe von 3 Personen in ein anderes fremdes Land aus.
Wer sich zur Auswanderung entschloß, mußte zunächst die behördlichen Bedingungen erfüllen. Ein Gesuch mußte beim Landeskommissariat. später beim Bezirksamt vorgelegt werden, eine Bescheinigung des Bürgermeisters mußte ausgestellt werden, daß der Betreffende schuldenfrei war, eine Personenbeschreibung war erforderlich. Minderjährige bedurften der Elternbewilligung, militärpflichtige Männer mußten zuerst ihren Dienst ableisten oder einen Ersatzmann benennen.
Heimliches Auswandern, war verboten, kam jedoch sehr häufig vor. War die bürokratische Seite der Auswanderung erfüllt, begann die eigentliche Strapaze. In den Ausreisehäfen mußten die Auswanderer oft wochenlang auf die Abreise warten, die Reise über den Atlantischen Ozean dauerte in der Regel 2 Monate. die Überfahrt der eingepferchten Menschen war eine Tortur. Viele starben während der Reise. Die bevorzugten Staaten in den USA waren: New York, Illinois, Ohio und Pennsylvanien. Das nachfolgende Verzeichnis über. die Auswanderer von Oberalben erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, besonders die Auswanderer des 20. Jahrhunderts sind wahrscheinlich nicht alle registriert. Es ist auch nicht mehr festzustellen, ob es bei allen aufgeführten Namen zur Auswanderung kam, denn die Registrierung bezieht sich auf die Antragstellung legaler Auswanderer.
AUSWANDERER DES 18. JAHRHUNDERTS
1730 Hedrich, Abraham von Oberalben nach Germersheim
1746 Barthin, Anna Caecilia von Oberalben nach Lohnweiler
1746 Gülcher, Peter von Oberalben in die Günderodische Leibeigenschaft
1751 Becker, Johann von Alben nach Pommern
1773 Neu, Abraham zu Alben befindet sich in holländischen Diensten (wahrscheinlich kein Auswanderer).
1738 Heydrich, Peter von Oberalben nach Pennsvlvanien
1738 Mack Jakobs Wittib (Witwe) und ihr Tochtermann Mann, Jakob von Oberalben nach Amerika
1739 Doll, Bast von Oberalben nach Amerika.
Auswanderer des 19. Jahrhunderts:
1817 Später, Christian, von Beruf Schafhirt, und Heß, Maria Saara mit Kind, nach Polen
1820 Barth, Stephan, von Beruf Müller, nach Birkenfeld
1827 Barth, Nickel, von Beruf Müller, nach Ruschberg
1827 Werner, Peter, von Beruf Müller, nach Schmitthachenbach.
1844 Klein, Nikolaus ± Ehefrau + Kind
1849 Speyer, Jacob mit Ehefrau und 8 Kindern zwischen 1/2 Jahr und 11 Jahren
1852 Alt, Friedrich, in USA verheiratet mit Ursula
Koch aus Patersbach, 2 Söhne. 7 Töchter in
Liberty Township (Friedrich Alt wurde 1822 in
Oberalben geboren)
1852/53 Theobald. Adam
1852/53 Schneider. Adam
1852/53 Redenbach, Johannes, von Beruf Schneider
1853 Brech, Katharina geh. Barth, Witwe. mit drei Kindern
1864 Blaß, Johannes, von Beruf Ackerer (geh. 1837)
1871 Mayer, Johannes
1872 Blaß, Ludwig
1872/73 Blaß, Karl
1877 Alt, Peter (geb. 1. 1. 1854 in Oberalben) nach Celina/Ohio, stand bis 1939 mit Johanna Göres in Verbindung, Nachkommen haben heute noch Kontakt.
Auswanderer des 20. Jahrhunderts:
1928 Blaß, Adolf, geb. 1905, Mayweilerhof, Beruf Wagner, dann technischer Zeichner, Heirat 1931 mit Frieda Schmidt aus Patersbach in Dayton, Ohio, ausgewandert über Hamburg mit dem Dampfer "Deutschland, Ehefrau ist 1930 ausgewandert.
1930 Blaß, Robert, geb. 1907, Mayweilerhof, Schuster, verheiratet mit Johanna Schmidt, Patersbach, nach Ohio.
NACHFORSCHUNGEN ÜBER AUSWANDERER AUS DER JÜNGEREN ZEIT
Hammel, Berta geb. Gilcher war in München verheiratet. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten wanderte ihr Ehemann schon einige Jahre vorher aus und ließ die Ehefrau 1926 nachkommen. Bis zu ihrer Auswanderung wohnte Berta Hammel geb. Gilcher bei ihrem Bruder Gustav Gilcher (Gilcher Petersch) in Oberalben. Die Karte aus New York sollte den pfälzischen Verwandten anzeigen, daß Berta Hammel wohlbehalten in Amerika angekommen war. Heute bestehen noch Briefkontakte zwischen den Kusinen Liesel Schmitt und der Tochter der Ausgewanderten, die im Staate New York lebt.
Der registrierte Peter Alt, der im Jahre 1877 auswanderte, war mit mehreren Familienmitgliedern unterwegs. Wie Nachforschungen ergaben, sind mit ihm sein Bruder Ludwig (Louis) und die Eltern Elisabetha und Adam Alt ausgewandert. Die Ausreise war sehr überstürzt, ein kurzer Entschluß. Der dritte Bruder, Adam Alt, sollte später nach Amerika nachkommen. heiratete aber hier und verblieb im Elternhaus. Die Familie Alt siedelte zunächst im Staate Ohio an, sie wollten das angewiesene Land urbar machen. Das dort herrschende Klima setzte den Auswanderern jedoch so sehr zu, daß sie in den Staat New York umzogen. Hier kaufte und betrieb die Familie Alt ein Sägewerk. Eine Verwandte von Peter und Louis Alt lebt heute noch im Staate New York und pflegt den Kontakt zu ihren pfälzischen Verwandten. Die heute 85jährige Lazetta Bragelli war Deutschlehrerin und ist mit einem italienischen Auswanderer verheiratet. Vor einigen Jahren weilte sie auf Besuch in Oberalben.
Bis in die 50er Jahre hatte Familie Leyser noch Beziehungen zu den Verwandten in Amerika. Familie Leyser. verwandt mit der Familie Blaß, erhielt von den Nachfahren der ausgewanderten Blasse Besuch. Die Tante aus Amerika interessierte sich hauptsächlich für zwei Dinge, von denen der Vater in der neuen Heimat wahre Wunderdinge zu berichten wußte: Der große Sauerkrautstein, der 30 Körbe geschnittenes Kraut Fassen konnte und die Bruchsteine, die sogenannten Leien, die die Vorfahren selbst gebrochen und im Hausflur verlegt hatten. Der Kontakt ist inzwischen abgebrochen.
Friedrich Werner, Oberalben, der Bruder des Urgroßvaters von Liesel Weingarth, wanderte in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts bei Nacht und Nebel nach Amerika aus. Die Kontakte nach Amerika bestanden bis in die jüngste Zeit.
Die Auswanderer mußten in der neuen Heimat sehr bald erkennen, daß das Glück nicht auf der Straße lag, ihnen wurde nichts geschenkt und erst nach jahrelanger, mühevoller Arbeit stellte sich, wenn überhaupt, der wirtschaftliche Erfolg ein.
IN AMERIKA GESTORBEN
Im Jahre 1890 starb in Eile in Pennsylvanien in Amerika der evangelische Pfarrer Jakob Blaß. Er war im Jahre 1835 zu Oberalben geboren und wanderte 1855 mit seinen Eltern nach Oberarnbach bei Landstuhl aus, von wo Blaß mit den Eltern nach Amerika ging. Blaß besuchte die Lateinschule zu Kusel, das Gymnasium Zweibrücken und studierte in Heidelberg und Utrecht. Wegen der ungünstigen Anstellungsverhältnisse in der Pfalz verließ er im Jahre 1859 die Heimat und wurde zuerst Pfarrer in Erie, worüber er nach vorübergehender Verwendung in Canada und Baltimore später wieder zurückkehrte und an einem Herzschlag starb.
Blaß leitete in Eile die kirchliche Zeitschrift "Union" und war ein begabter, heiterer und liebenswerter Mensch. Dies stand über Jakob Blaß geschrieben, als in der Zeitung des Auswanderers gedacht wurde. Jakob Blaß ist der Sohn des Ackerers und späteren Müllers Jakob Blaß, der die alte Kuralbtalmühle ohne Genehmigung betrieb, wahrscheinlich Schwierigkeiten mit der bayerischen Regierung bekam, nach Oberarnbach "auswanderte" und von da aus nach Amerika ging. Außer seiner Ehefrau und Sohn Jakob Blaß (Pfarrer) wanderte noch ein Sohn Louis mit nach Amerika aus. Dieser Louis Blaß starb 1899 in Eile.
LITERATUR:
Roland Paul: Auswanderungen aus dem Landkreis im 19. Jahrhundert. In: Westricher Heimatblätter, Jhg. 11, 1980. Nr. 4.
Otto Lißmann: Aufstellung auswanderungswilliger Personen und Familien, nach dem Aktenmaterial des Kreisarchivs der Kreisverwaltung Kusel, gefertigt 1981.
Die Kartei der erfaßten Auswanderer der Heimatstelle Pfalz, Kaiserslautern, Benzinoring 6.
Aktenmaterial des Landesarchivs Speyer, Band 2, Nr. 4607.